Als Kind habe ich jedes Jahr aufs neue gefragt, was die Ostereier und der Osterhase mit Jesus zu tun haben und was der bunt und lichtgeschmückte Tannenbaum jedes Jahr an Weihnachten wohl mit der Geburt von Jesus zu tun hat – ohne eine Antwort zu erhalten.
Heute weiß ich, dass vieles aus der ‚heidnischen‘ Verehrung des uralten weiblichen Prinzips (denn aller Ursprung ist weiblich), was über Jahrtausende auf dieser Erde friedlich existierte (sonst hätte es nicht so lange existieren können), übernommen wurde und bis heute lebendig ist. Weder die sogenannte Hexenverbrennung, die mit der Christianisierung über einige Jahrhunderte bis zu 9 Millionen unschuldiger Opfer weltweit forderte (60.000 dokumentierte Hexenverbrennungen in Europa), noch das unsichtbar machen von sämtlichen weiblichen Fakten aus allen möglichen Bereichen in Schule, Historie und in der Öffentlichkeit, konnten und können das verhindern.
Seit meinem 33. Lebensjahr befasse ich mich intensiv mit dem Forschen der eigentlichen Geschichte, so möchte ich sie nennen. Denn wenn man versteht, dass der Geschichte schreibt, der an der Macht ist, und das ist seit ca. 5000 Jahren das Zeitalter indem wir leben – das Patriarchat ( → Gesellschaftsordnung, bei der der Mann eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat und bei der in Erbfolge in sozialer Stellung die männliche Linie ausschlaggebend ist – sagt der Duden) dann versteht man auch besser, warum so vieles unterdrückt, bruchstückhaft wiedergegeben, verdreht, verboten, verhindert, vernichtet und sogar körperlich ausgerottet wurde – und wird.
So verwundert es auch nicht, dass dieser Übergang, der einige Jahrhunderte andauerte und der voll war (und nach wie vor ist) von Kriegen und Missionszügen, bis heute ein Tabu ist und dass diese Taten, die unglaublich brutalen Folterungen und Verbrennungen am lebendigen Leibe Unschuldiger – zumeist Frauen – ebenfalls bis heute nicht gesühnt wurden.
Als ich mich auf den Weg machte, um diese Wurzeln, die auch meine sind, wiederzufinden, begegnete mir auch viel ‚esoterisch verpeiltes‘, was mich nicht überzeugen konnte. Ausschließlich ‚Licht und Liebe‘ anzustreben und die sogenannten ‚dunklen‘ Anteile in uns Menschen auszuklammern – zu verdrängen – zu bewerten, finde ich weder erstrebenswert noch hilfreich oder heilsam. Auch sie zu Todsünden zu erklären – die Antwort der Religionen – brachte weder das Gute im Menschen hervor, noch brachte es Erkenntnis.
Ich setzte mich auch in (teilweise architektonisch sehr schöne) Kirchen, ließ die Atmosphäre und die Bilder einfach nur wirken …
Diese Phase verließ ich mit der Erkenntnis, dass ich mich weder wohl noch willkommen fühle an einem Ort, der voll von – zumeist kriegerisch dargestellten – Männern ist; an dem keine Frauen vorkommen und wenn, dann leidend dargestellt und in dem ich keine Freude beim Singen höre oder spüre. Das entsprach nicht meiner Vorstellung von einem Leben in Fülle, Freude und Dankbarkeit. Auch neige ich nicht zu blindem Glauben, was mir oft begegnet ist; wenn u.a. gebetet wurde und derjenige gar nicht wusste, was er dort sagt.
Das Maß der Fassungslosigkeit komplett überschritten wurde dann durch die andauernden Missbrauchsskandale weltweit an Tausenden von Nonnen (von Priestern sexuell missbraucht, vergewaltigt und zur Abtreibung gezwungen) und Minderjährigen, die weder ein Ende finden, noch wird Stellung bezogen – ganz im Gegenteil: diese Frauen werden aus der Kirche verstoßen, ihrem unfassbarem Schicksal selbst überlassen – ohne finanzieller Unterstützung.
Also zog ich weiter.
Und wie das so ist, wenn man sich auf den Weg macht, öffnen sich Türen, man begegnet Menschen, LehrerInnen, Büchern etc. die einen weiterbringen, die mich überzeugen. Ein Wissen, was in alle Lebens-Bereiche geht: Geburt, Krankheit, Tod, Lernen, Ernährung, Gesundheit, Lieben etc.
Diesen Weg gehe ich noch immer und er erweitert sich ständig. Und ich weiß: ich stehe auf den Schultern von unendlich vielen kraftvollen, wunderbaren, eigen-mächtigen, heiteren Frauen und Göttinnen, die diesen Weg vor mir gegangen sind, gehen und gehen werden – losgelöst und frei von patriarchalen Ideologien.